In den Faschingsferien 22 war es endlich soweit. Ein Lebenstraum ging für mich in Erfüllung. Begleitet von meinem Mann und unseren jüngstem Sohn ging es ab Stuttgart mit Eurowings nonstop nach Kiruna am Polarkreis in Nordschweden.
Nachdem es in Island im März 2020 mit den Polarlichtern leider nicht geklappt hatte,
starteten wir mit dieser Reise einen neuen Versuch.
Woran denkt man bei Lappland im Winter zuerst ? Kalt/Schnee/Polarlichter? Alles trifft zu, aber nach dieser Woche in einer der kältesten Regionen Europas, kommen noch folgende Schlagwörter hinzu: Winterwunderwald/Spielplatz im Schnee/Natur pur. Aber der Reihe nach:
1. Tag
Angekommen am Abend übernahmen wir unseren Mietwagen, einen VW Tiguan direkt am Flughafen, der wie alle Autos in der Region mit Spikes ausgestattet war und somit auch für jeden Fahrer ein angenehmes Fahren auf verschneiten Landstraßen problemlos möglich ist.
Danach bezogen wir unsere erste Unterkunft, das Camp Kiruna, ein Mittelklassehotel mit schönen, sauberen Holzhäuschen, einem Restaurant mit Bar und auch einem Spa mit Sauna, Innen- und beheiztem Aussenpool zur Sternenbeobachtung. Es werden ab dem Hotel verschiedene Aktivitäten angeboten, so könnte man auch hier locker ein paar Tage verbringen, wenn man keine Lust zum Autofahren hat und lieber ein Standorthotel möchte. Wir wollten aber weiter und nutzten daher nach dem wirklich leckeren Frühstück das schöne Wetter am Morgen um mit den kostenfreien Leihschlitten ein wenig zu üben. Das macht richtig Spaß und diese lustigen Fortbewegungsmittel sollten uns auf unserer Tour noch öfter begegnen.
Reisebericht
2. Tag
Bei + 6 Grad machten wir uns auf den Weg Richtung Westen zum heutigen Etappenziel, nach Abisko.
Unterwegs bot sich noch ein Abstecher zum Eishotel nach Jukkasjärvi an, das übrigens jeden Winter wieder neu gebaut wird, von Künstlern aus aller Welt und das größte und älteste seiner Art ist.
Es hat sich absolut gelohnt, die verschiedenen Räume zu besichtigen, die kreativ aus Eis gezaubert wurden. Das Probeliegen hat uns jedoch nicht überzeugt, auch hier zu übernachten, so ging die Reise weiter, entlang großer zugefrorener Seen auf der E10, eine Verbindung zwischen Kiruna und der norwegischen Westküste nach Narvik.
Ohne Mietwagen könnte man übrigens die Strecke auch mit dem „Artic Circle Train“ bequem und sicher bereisen. Eine der 13 Haltestellen ist auch die Aurora-Sky-Station, unser heutiges Ziel. Mit einem offenen Sessellift fährt man in ca. 30 Minuten auf den höchsten Gipfel in der Gegend und statistisch ist hier die Chance Polarlichter zu sehen am höchsten. Leider spielte das Wetter nicht mit , denn nach unserer Abreise am Morgen in Kiruna wurde es zunehmend schlechter, so daß wir schweren Herzens auf die Fahrt nach oben verzichteten und von unserer Unterkunft, der Abisko Turiststation nach dem Abendessen noch einen kleinen Spaziergang unternahmen, die Webcam der Sky-Station hatte schwache Polarlichter gemeldet. Leider mussten wir ohne Erfolg an diesem Abend ins Bett und hofften auf die kommenden Tage.
Am 3. Tag in dieser traumhaft schönen Gegend machten wir noch einen Abstecher zum zugefrorenen Silverfallet Björkliden, einem zugefrorenen Wasserfall, an dem gerade eine Gruppe mutiger Touristen ihrem Guide lauschte, der Ihnen das Eisklettern näher bringen wollte.
Nachdem wir uns im einzigen Supermarkt von Abisko mit etwas Reiseproviant eingedeckt hatten und sicherheitshalber den Tank des Autos füllten (Tankstellen sind dünn gesät) machten wir uns auf den Weg zurück über Kiruna Richtung Finnland. Nach ca. 2 Stunden Fahrt durch die endlos scheinende verschneite Tundra, sahen wir plötzlich vor uns auf der Fahrbahn ein kleines Rentier sitzen. Wir bremsten ab und erwarteten eigentlich, dass es davonspringen würde , es blieb aber auf der rechten Fahrbahnseite sitzen und rührte sich lange Zeit nicht, wonach wir annahmen, es sei krank und könne nicht laufen. Nach einer Weile tauchte plötzlich das Muttertier in meiner Kamera auf und ich erschrak ein wenig. Die Beiden musterten uns noch etwas und sprangen dann in den Wald. Ein tolles Erlebnis.
Kurz vor Sonnenuntergang erreichten wir unsere heutige Unterkunft, ein kleines Camp aus Holzhäuschen, alle mit 1 bis 2 Schlafräumen, Küche und Bad mit eigener Sauna. Kurze sehr nette Erläuterungen beim Checkin und ein Abendspaziergang durch den Grenzort Muonio nach der langen Autofahrt. Dann freuten wir uns auf die Sauna, die während des Abendessens (Spaghetti mit Sauce) sehr willkommen war. Beim kurzen Abkühlen im Schneee vorm Häuschen ging mein Blick immer Richtung Himmel. Wieder nichts, na ja, Geduld, Geduld.
4.Tag
Am Vormittag erreichten wir Levi, einen großen Tummelplatz der schneeverliebten Outdoorfans.
Die Stadt ähnelt fast einem schweizer Skiort, umringt von 27 Liftanlagen und überwiegend Skipisten mittlerer Schwierigkeit, auch eine Weltcupabfahrt gibt es, ist es wohl das größte und bekannteste Wintersportzentrum in Finnland und schon viermal zum besten finnischen Skigebiet gewählt.
Was man schon immer mal im Schnee ausprobieren wollte, in Levi geht es. Wir mieteten uns ganz unkompliziert 3 Fatbikes und ließen uns noch ein paar Tipps mit auf dem Weg geben, es sollte eine Tour um den „Fell“ werden, die sich dann als fahrerische Herausforderung aufgrund des weichen Pulverschnees entpuppte. Aber zur Erholung wartete ja schon unsere kleine Sauna und ein Fundstück aus dem hießigen Supermarkt, nämlich „Glögg“. Diese Kombination stellte sich als prima „Wellness für arktische Winternächte“ heraus und war die ideale Abendbeschäftigung.
5.Tag
Den zweiten Tag in Levi nutzen wir für einen Ausflug in den ca. 40 Autominuten entfernten Pallas-Yllästunturi-Nationalpark, wir hatten uns sicherheitshalber in Levi am Morgen bei tollem Sonnenwetter Schneeschuhe ausgeliehen. Kurz vor dem Visitorcenter im NP fing es kräftig zu Schneien an und es war vom Berg, den wir besteigen wollten nichts mehr zu sehen. Die Wetterapp sagte erst für 15 .00 wieder klaren Himmel voraus, aber umkehren kam nicht in Frage. Mit unseren Skiklamotten waren wir gut ausgerüstet und so gings los. Nach ca. 30 Minuten blies der kräftige Wind die Wolken auseinander und man konnte die Umgebung auch wieder gut erkennen.
Ich gebe zu, dass ich diese Tour etwas unterschätzt hatte, der Berg sah gar nicht so hoch aus. Allerdings hatten wir noch nie zuvor Schneeschuhe beim Winterwandern an und so entpuppte sich das Ganze als körperliche Herausforderung für die ganze Familie. 2/3 wollten dann kurz vor dem Gipfel schon kapitulieren, da sich eine Wolkengruppe um den Gipfel des höchste Fjell der Region (809m) dem Taivaskero zog und nichts zu erkennen war. Aber die Wetterapp sagte ja schönes Wetter für 15.00 voraus, also konnte ich meine Leute zum Weiterlaufen überreden. Nach ca. 15 Minuten waren wir dann auch oben und was soll ich sagen. Die Wolken hatten sich verzogen und wir genossen einen 360 Grad – Blick über die finnische Tundra.
Auf diesem Gipfel wurde für die Olympischen Spiele 1952 in Helsinki das Olympische Feuer von der Mitternachtssonne entfacht. Der Abstieg war dann auch relativ leicht und wir konnten noch ein paar schöne Fotos machen.
Unten angekommen ging´s erstmal zu Kaffee und schwedischem Gebäck ins Pallas Hotel, das hatten wir uns heute wirklich verdient. Auf dem Rückweg nach Levi machten wir noch einen Stop am See als die Sonne unterging, wobei wir plötzlich vor einem Haus mit zugehörigem Besitzer standen, der gerade in langer Unterwäsche über seinen Hof ging und sich sehr über diese deutschen Touristen wunderte, die ganz unerwartet vor ihm standen. Er liess uns aber gewähren und nach ein paar tollen Fotos fuhren wir schnell wieder, da mein Sohn meinte, das Ganze wäre ihm einfach zu „peinlich“.
6.Tag
Heute ging´s zurück Richtung Schweden, wieder mit einem Stopp auf halber Strecke, diesmal hieß laut Vermieter, wir sollten unbedingt die letzte Gelegenheit im örtlichen Supermarkt zum Einkaufen nutzen, da es in ca.40 km Umgebung keine Läden mehr gäbe. Gesagt getan.
Kurz darauf standen wir vor einem typisch schwedischem , sehr gemütlichen Haus, wo uns der Besitzer und gleichzeitg unser Guide Rickhard erwartete und mit uns den Treffpunkt für die gebuchte Schneemobiltour zur Polarlichtjagd am Abend besprach. Diese Tour übertraf all unser Erwartungen: gut ausgestattet mit arktischen Schneeanzügen, die wir von unserem Guide bekamen ging es zuerst in einen angrenzenden Wald, wo er uns erklärte, dass er passionierter Jäger sei und wir viel von ihm über die Elchjagd erfuhren. Dass er heute seine Büchse nicht dabei hatte, freute nicht nur die Rentiere, die wir in der Nähe erspähten. Der Himmel über uns zog sich leider komplett zu und ich war schon am Zweifeln, ob das an diesem Abend klappen könnte mit den Auroras.
Weiter ging es zu einer großen freien Stelle, wo er mit dem Selbstfahrer einige Übungen machte, er erklärte uns, dass diese Wiese ideal zum Üben sei, weil es hier keine Bäume gab. Es machte richtig Spaß über den Schnee zu „fliegen“. Anschließend durfte unser Junior an einer geeigneten Stelle im Wald unter Rickhards Aufsicht ein Lagerfeuer machen und wir grillten mitgebrachte Fleischwurst am Spieß und probierten selbstgemachten Kakao und heiße Limonade. Sehr lecker und macht warm.
Wir unterhielten uns sehr angeregt und die Zeit verging wie im Flug. Als wir dann wieder aus dem kleinen Waldstück auf die Wiese heraustraten war der Himmel klar und voller Sterne, so daß wir nun freien Blick hatten und die ersten Polarlichter entdeckten. Was für ein tolles Spektakel. Rickhard´s Handykamera machte sogar tolle Bilder und er zeigte uns an diesem Abend noch ein paar geeignete Stellen für geniale Fotos. Bild Glücklich und zufrieden in unserer Lapland Snow Cabin angekommen, machten wir Kaminfeuer im Wohnzimmer an Bild und freuten uns rießig über dieses sehr schöne Erlebnis.
7.Tag
Rickhard empfahl uns auf dem Weg nach Kiruna noch bei dem nahe gelegenen Huskycamp von Birgit, einer deutschen Auswandererin vorbeizuschaun, was wir dann gerne taten und wir hatten Glück, sie nahm sich Zeit und führte uns durch ihr nettes kleines, wenn auch einfaches Camp mit selbstgebauten Übernachtungshütten und einer Gästesauna. Die Hunde waren ganz aufgeregt, sie glaubten wohl, wir würden mit Ihnen rausfahren. Das hatten wir allerdings schon für den Abend in Kiruna gebucht und so machten wir uns wieder auf den Weg nach unserem Ausgangspunkt dieser „Winter-Wunder-Land-Reise“.
Angekommen in der Stadt bezogen wir unser letztes Quartier, eine kleine Hütte direkt am See etwas außerhalb der Stadt. Die Lage war schon ganz Besonders schön, Aufwachen mit Blick auf den glitzernden weißen See. Um 18.00 wurden wir dann mit dem Kleinbus abgeholt zur nächtlichen Hundeschlittentour mit den Huskys.
Vor der Tour wird man wieder mit warmen Anzügen und Stiefeln versorgt und die bellenden Vierbeiner wurden ausgiebig von uns begrüßt. Dann ging es auf den Schlitten, zusammen mit einem spanischen Pärchen brausten wir durch die dunkle Polarnacht. Trotz Teilbewölkung an diesem Abend war es toll fast ohne Lichtverschmutzung und nur begleitet von den Geräuschen des Schlittens durch die Wälder über den Schnee zu gleiten, wenn auch zeitweise sehr holprig. Die Hunde hatten sichtlich Spaß und in der Hälfte der Strecke gab es für uns eine warme Suppe nach Samirezept und für die Huskies Leckerlies und natürlich wieder Streicheleinheiten.
8.Tag
Nach dem Frühstück machten wir einen großen Spaziergang auf dem zugefrorenen See und bewunderten die Wochenendhäuschen, die alle eine Sauna auf dem Grundstück und manchmal auch ein Loch im See zum Eisbaden hatten. Die Sonne schien, so daß es um die Null Grad waren und sehr angenehm. Eine tolle Winterlandschaft, die ich gerne ein anderes mal wieder besuchen möchte.
Anschließend besuchten wir noch die sehr sehenswerte Kyrka von Kiruna, ein ungewöhnliches Gotteshaus, das nach Vorlage eines Lappenzeltes und völlig aus Holz gebaut wurde und mit vielen Schnitzereien ein absolut sehenswertes Gebäude, auch im Inneren ist. Bis 2033 soll die Kirche als ganzes Gebäude an anderer Stelle wieder aufgebaut werden, da die ganze Stadt auf einer Eisenerzmine steht und zum Abbau des Rohstoffs nach und die ganze Stadt versetzt werden soll.
Nach einem sehr leckeren Mittagessen mit Rentiersandwich und Minztörtchen ging´s dann endgültig zum Flughafen. Auf dem Heimflug nach Stuttgart sollten wir dann noch mit den schönsten Polarlichtern beschenkt werden, die man sich nur vorstellen kann. Diesmal über den Wolken ?
Fazit: Ein fast unbeschreibliches Wintererlebnis, wie es schöner nicht hätte sein können. Und mit der Erkenntnis, dass „Geduld das Vertrauen ist, dass Alles kommt, wenn die Zeit reif ist.“